«Kommunikatives Einssein»

Mit dem Begriff der Repräsentation sucht der Basler Systematiker Reinhold Bernhardt Person und Wirken von Jesus zu verbinden. Er stellt seine Auffassung der herkömmlichen «Logos-Inkarnations-Naturen-Christologie» gegenüber, setzt auf «Beziehung statt Seinseinheit» und will sowohl der «Überbetonung der Einheit Jesu mit Gott» wie auch der «Unterbestimmung des Menschseins Jesu» wehren (156).

Jesu Einheit mit Gott ist für Bernhardt spirituell: «ein vom Geist Gottes getragenes kommunikatives Einssein». Deutlich gesagt: «Jesus lebt in innigster Beziehung zu Gott und ist doch ein von Gott unterschiedener Mensch», «die verleiblichte Vergegenwärtigung des Wortes, des Geistes und der Weisheit Gottes» (169,179). – Hier drängt sich dem Leser die Frage auf, was Jesus dann noch von den Christen unterscheidet, die auch durch Gottes Geist mit ihm in Beziehung sind.

Vom logos des Johannesprologs her sieht Reinhold Bernhardt die Möglichkeit, heute «andere Ereignungsformen des Logos Gottes in der Religionsgeschichte anzunehmen» (181f). Die calvinistische Auffassung, dass der ewige Logos Gottes in der Personifizierung in Jesus Christus nicht aufgeht, sondern über sie hinausreicht, will der Autor nutzen, um «den ewigen vom inkarnierten Logos zu unterscheiden, ohne beide voneinander zu trennen» (206). So kommt er zum Satz: «Gerade in Christus offenbart sich die ‹extra›-Dimension des Wortes und Geistes Gottes: die Universalität und Unbedingtheit der Gnade Gottes, die sich über die Mächte des Faktischen in Natur und Geschichte hinwegsetzt und sich auch nicht auf den Wirkungskreis der Christusverkündigung begrenzen lässt. In der Kraft des Geistes Gottes vermag sie ‹Gestalten der Gnade› hervorzubringen, wo und wann sie will» (221).

Reinhold Bernhardt bestimmt die Heilsbedeutung von Jesus Christus funktional: «Er ist nicht der Ursprung des Heils – dieser Ursprung liegt im Heilswilllen und damit im Liebes-Wesen Gottes –, sondern der Vergegenwärtiger des Heils» (270). Kreuz und Auferstehung stellt er in einen «relational-existenztheologischen» Bezugsrahmen. Da ergibt sich die Heilsbedeutung «erst in der Auferstehungsperspektive auf das traumatische Geschehen» (278).

Was wird da aus dem Anspruch des Christentums, das Heil anzubieten? Reinhardt: «Wo immer ein Mensch aus der Beziehung zum schöpferischen Grund allen Seins lebt, widerfährt ihm die heilshafte Existenzausrichtung, die im Christusereignis repräsentiert ist. Die heilstiftende Gottesbeziehung kann auch in ‹Gestalten der Gnade› erscheinen, die nicht auf Christus bezogen, nicht im christlichen Glauben vermittelt und nicht Gegenstand kirchlicher Verkündigung sind» (366). – Dabei bleibt das Thema von Sünde und Sühne auf der Strecke.

Aufgrund von Erfahrungen der Gegenwart des Heiligen und Zeugnissen von Offenbarungen verdienten es «die ausserchristlichen Religionen, als Inspirationsquellen theologischer Erkenntnis wertgeschätzt zu werden» (367). Exemplarisch wird dies auf die Frage angewendet, «ob auch der Koran als Repräsentation der Selbstmitteilung Gottes und damit Gottes selbst angesehen werden kann». Die Antwort ist ein Potenzialis: «Er kann» (371).

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