Lasst die Strukturen einfach, wie sie sind

Gespeichert von ursula.eichenberger am
Pfarrer und Internet-Unternehmer Werner Näf weiss zu provozieren: «Lasst die Strukturen einfach, wie sie sind», rät er den Kantonalkirchen, die sich zurzeit in Strukturprogrammen zu übertreffen suchen. Quer zu allem Verfassten zusammenarbeiten anstatt an Strukturen herumschrauben, so arbeitet der Pfarrer aus der Schaffhauser Provinz, der als Geschäftsführer von kirchenweb.ch tiefe Einblicke in viele unterschiedliche Kirchgemeinden und Kantonalkirchen gewonnen hat.
Von Lukas Huber

«Wenn man nicht fest aneinander gebunden ist, dann geht das Zusammenarbeiten leichter.» Was der Schaffhauser Pfarrer Werner sagt, widerspricht der Strukturlogik vieler Deutschschweizer Kantonalkirchen, die Strukturen schaffen und dann hoffen, dass die Zusammenarbeit dann gelingt. Auch Firmen wie Microsoft hätten entdeckt, sagt Näf, dass jene Projekte am besten funktionieren, bei denen Menschen informell und quer zu den Hierarchien zusammenarbeiten.

Darum solle man sich die Energien sparen, die es kostet, Strukturen zu regeln, bevor sie sich von selber aufdrängen. «Wenn die Beziehungen gut sind und die Zusammenarbeit funktioniert, ist es ganz einfach, die Strukturen dann anzupassen», hat Näf beobachtet.

Pizzaiolo statt Coach

Wegen dieses beziehungsorientierten Ansatzes habe der Kirchenstand seiner Kirchgemeinde Gächlingen beschlossen, keinen Coach für eine Organisationsberatung anzustellen, sondern einen Budgetposten für Pizza einzurichten. «Wir laden die benachbarten Kirchenstände ein zu einem Pizza-Essen ohne Traktanden. Wir sitzen wie Freunde zusammen und bauen so Vertrauen auf. Das erleichtert die Zusammenarbeit wesentlich», sagt Näf in Episode 06-03 des Podcasts «Aufwärts stolpern»

Klar ist: Speziell für eine kleine Kirchgemeinde wie Gächlingen ist die Zukunft nur regional vorstellbar; Näf redet von relationsbasierter regiolokaler Kirchenentwicklung. Diese regionale Zusammenarbeit geschieht aber flexibel, themenbezogen und beziehungsorientiert. «Und wenn man sich aus irgendeinem Grund nicht mehr versteht, sagt man: Gut, dann schauen wir halt, wie es anders weitergeht.» Ob das für alle Zeit gilt, getraue er sich nicht fest zu behaupten.

Am Rand des Chaos leben

Gefragt, was er als Pfarrer einer kleinen Landgemeinde gelernt habe, sagt er: «Ich bin als Pfarrer nicht für alles verantwortlich, was in meiner Kirchgemeinde geschieht.» Er habe entgegen seiner Persönlichkeitsstruktur lernen müssen, am Rand des Chaos zu leben. Das habe er vom englischen Missiologen Michael Moynagh gelernt. Wer innovativ sein will, müsse Chaos zulassen. 
Die ganze Episode mit Werner Näf kann man hier nachhören